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Digitalisierung
Sitzen am Brunnen
Genaugenommen nicht am Brunnen, sondern
in der Nähe in dem Schloßpark, der mitten in der Stadtmitte liegt –
also da ist dieser Platz mit Rasen, Gängen, Blumenreihen an den
Rändern der Gänge und alles ist lustig angelegt, und vor allem sind
da zwei Springbrunnen, diametral sich gegenüber, und die Brunnen
sind entsprungen wie aus einem Gedicht von Caspar David Friedrich,
und die Säulen, bzw. Brunnen liegen einander gegenüber, symmetrisch
angeordnet, und in der Mitte liegt, oder vielmehr Frau, die gerade
einen Kranz in der Hand hält – und wir vermuten es ist eine
Siegesstatue; - also das ist alles so angeordnet und schräg
gegenüber ist auf dem Dach von einem Gebäude so eine Art Hirsch,
also das, was man im Englischen als 'stag' bezeichnet und zwar aus
Gold und die Figur guckt so in eine Richtung, dass es eine Tangente
zu der aufgebauten Struktur der Brunnen und der Siegesstatue bildet;
wiederum schräg gegenüber dieser Anordnung steht auf einem weiteren
Gebäude eine weitere Statue aus Gold auf einem Fuss und die ist in
Form einer Hyperbel zu den anderen Gebildemustern ausgerichtet
insbesondere, wenn man die Blickrichtungen der Figuren in Betracht
zieht, vor allem auch, da diese Figur auf einem Bein steht und quasi
wie ein Clown gerade so einen Gegenstand wirft oder geworfen hat und
in dieser Bewegung als Figurine eingefroren wurde; es ist keineswegs
so, dass diese Anordnung einen überfordern würde, aber sie kommt so
unerwartet von allem was man so kennt, weil es sich so sehr der
Linearität und dem Raster zu entziehen scheint, nach der alles
gleichförmig angelegt wurde aus der Tradition oder sich
selbstorganisierend so eingefunden hat; - natürlich gibt es eine
Hierarchie in dieser Anordnung, eine träumerische, spielerische
Hierarchie und doch muss sie irgendwie Feudal sein, auch, wenn man
sich nicht vorstellen kann, wie sie das so hinbekommen konnten, wie
Planung mit so viel Freiheit einhergehen konnte – so viel Seele, so
eine leichte, anspruchsvolle Form, wie konnte das toleriert und
gewagt werden; - und das ist noch keineswegs alles, da es weitere
Bauelemente gibt, die dieses organische Muster noch weiter in andere
Bereiche stricken, und so zum Beispiel auf dem Weg den ich
hierhinkam, da war noch eine Art Kirche und diese altertümlichen
Gebäude mit den Erkern für die Fräulein und auf dem Platz stand
eine Schillerstatue mit geknicktem Kopf und einem Buch in der Hand
und einem Finger zwischen den Seiten, aber da stand ich nur einen
Augenblick, bevor ich von seiten des goldenen Narren mich auf den
Platz zubewegte und dann quer über den Platz einen der Wege
verfolgte;- es saßen überall Leute auf den verstreuten Bänken
oder auf dem Rasen oder den Stufen der Brunnen, respektive dem
Sockel, eine bunte Mischung von Leuten, jüngere, ältere, Leute mit
Kindern, mit verschiedenem kulturellen Background, und ich ging
erstmal so über den Platz auf einem der nicht zu zentralen Wege,
senkrecht, bzw. horizontal zur Achse von Brunnen und Sockel und war
am überlegen, ob ich jetzt einen Kaffee bei der Konzernniederlassung
oder bei dem kleineren Nischenetablissement holen sollte – zunächst
war ich dabei unbewusst in Richtung Nischenbar gegangen, ohne dass
mir dabei klar war, dass die Konzernniederlassung auf der anderen
Seite der Schloßbaumall lag und auf halben Wege direkt vor der
Minibar sah ich den Preis und wollte schon fast wieder zurück aber
dann dachte ich mir, was soll's, Kaffee oder Latte, ich teste das
jetzt mal und bin dann in die Minibarista gegangen, und siehe da war
gar keine lange Schlange von drei Leuten, wie ich zuerst gedacht
hatte, sondern die Leute standen nur vor der Preisausschreibung und
noch gar nicht an und als sie mich kommen sahen, habe sie mich
angeguckt – zwei jüngere Mädchen – und mich quasi
durchgewunken, weitergewunken, worauf ich am Kopf der Schlange stand
und unmittelbar von dem Barista angegangen wurde, bezüglich als ob,
welchen Drink ich denn wohl zu mir nehmen wolle, etc. und es war
klar, dass ich einen Latte machikato to go wollte, in normaler Größe,
woraufhin er mich fragte, wie es denn sei, von wegen kräftige Bohne
oder eher halbseiden; daraufhin sagte ich 'Kräftig' und die Baristas
kommunizierten kurz untereinander zwecks Koordinierung ihrer
Getränkezubereitungshandlungen, was völlig problemlos vonstatten
ging, und eine junge, schlanke Asiatin, bzw. leicht asiatisch
anmutende junge Frau, schepperte mir den Rücken zukehrend mit ihrem
Handwerksgerät an der blinkenden Cappucinomaschine herum, während
sie dabei eindringlich von ihrer Vorarbeiterin einer schlanken,
italienisch anmutenden jungen Frau kontrolliert wurde;- ich bezahlte
indessen bei dem blonden bebrillten Barista und steckte 20 Cent
Trinkgeld in das Trinkgeldschwein, auf dass sich die Mitarbeiter auch
mal einen Kaffee kaufen können oder was;- es gab noch einige
kleinere Unterbrechungen, unter anderem von der Nachbarin aus dem
Juweliergeschäft, die endlich ihren Espresso haben wollte, und ob
sie ihn jetzt wohl endlich mal irgendwann machen wollten, und dann
vorbeibringen, oder dass sie ihn doch wenn grad nichts ist, selbst
eben abholen könnte;- dann bin ich mit dem Latte quer über den
Platz gegangen, diesmal von der anderen Seite schräg eine Schleife
beschreibend, weil ich eine Bank suchte auf der noch Platz frei war
und die meisten Bänke ziemlich voll herumstanden und diejenigen, die
gerade frei oder halbfrei wurden, während andere diese erblickten,
anpeilten und darauf zuhielten, so dass ich, da ich mich nicht
abhetzen wollte, sondern gelassen schlendernd den richtigen Platz
finden wollte, bin dann brezelförmig um einen der Springbrunnen
herumgekurvt, und nachdem mehrere Bänke frei geworden waren und mir
einen Schimmer der Hoffnung versetzt haben, der ich mich aber nicht
hingab, da ich aus den Augenwinkeln vernahm, dass der oder die Eine
oder Andere oder Pärchen möglicherweise diejenige in Beschlag
nehmen wollten, dabei kam ich an einer Bank vorbei auf der zwei
dunkelhaarige Männer saßen – es war nicht klar, ob sie
zusammengehörten, die unauffällig auf bestimmte unterschiedliche
Bereiche des Parkes achteten und leicht schräg guckten, der eine
mich fast direkt ansah, während ich mich im Vorbeigehen leicht und
für sie hörbar räuspern musste, und selbst einen von ihnen im
Vorbeigehen direkt ansah, was ich normalerweise nicht getan hätte,
da sie von der Art zu sein schienen, die das nicht besonders mögen
oder sogar fast schon als beleidigend empfinden könnten, wenn man
sie direkt anschaut, ich ging noch einige Schritte weiter und
beschrieb einen weiteren Bogen, weil inzwischen eine weitere Bank,
die frei geworden war, wiederum von anderen Leuten – einem Pärchen
– besetzt worden war, und ich eigentlich gerne eine schöne
Position im Hinblick auf die Gesamtkonstruktion eingenommen hätte,
am Liebsten hätte ich neben ein oder zwei Mädchen gesessen, aber so
richtig war da kein Platz bei welchen frei, darum fragte ich spontan
einen älteren Herrn, der auf einer Bank saß, auf der ich gerade
vorbeikam, wie es denn aussieht, und ob da noch Platz ist, und machte
dabei leichte Anstalten mich da auch hinzusetzen, was ich, da er mein
Anliegen positiv beschied, auch tat; und da saß ich nun endlich auf
dem Platz und konnte in Ruhe das für Oktober sanfte Wetter und die
lustige und entspannte Szenerie der Leute auf dem Platz sowie die
ausgefeilte Anordnung desselben, mit der Frau, die den Kranz
darreicht in der Mitte, den Springbrunnen drumherum sowie goldener
Hirsch frontal leicht nach rechts versetzt und nach hinten in meinem
Rücken leicht nach links versetzt, aber mit Blick und
Aktionsrichtung nach rechts vorne zum See hin endlich der goldene
Narr;-
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